Volkspartei, die

Seit einigen Monaten liest man verstärkt, dass die Piratenpartei eine Volkspartei wäre. Auch viele Piratenmitglieder sagen, wir seien „die neue Volkspartei“. Es stellt sich nun also die Frage: Ist das so? Sind die Piraten tatsächlich eine Volkspartei?

Das bringt uns zu der Frage: Was ist eigentlich eine Volkspartei? Der Duden sagt eine Volkspartei ist eine „Partei, die Mitglieder und vor allem Wähler in allen Gruppen der Bevölkerung hat (und über eine große Anhängerschaft verfügt)“. Trifft das auf die Piraten zu? Ich sage nein. Mit 30.000 Mitgliedern, von denen nur die Hälfte ihren Mitgliedsbeitrag zahlt, und Wahlergebnissen von 7-8% verfügen wir über eine sehr gute Anhängerschaft, die wir uns vor einem Jahr nicht haben träumen lassen, aber nicht über eine große, wie ich es von einer Volkspartei erwarte.

Erreichen wir also Wähler in allen Gruppen der Bevölkerung? Klar, wir erreichen viele Menschen. Viele davon aber auch Protestwähler. Diese kommen zwar tatsächlich aus allen gesellschaftlichen Schichten, werden aber weniger, je mehr wir programmatisches Profil gewinnen. Protestwähler mit konservativem Weltbild erreichen wir nicht mehr, weil deutlich wird, dass wir dort im politischen System Deutschlands nicht anzusiedeln sind.

Meines Erachtens sind wir also keine Volkspartei. Wollen wir aber eine sein? Ich hoffe nicht! Dafür ziehe ich mal eine anderen Definition heran – Wikipedia: „Als Volkspartei bezeichnet man in Deutschland eine Partei, die für Wähler und Mitglieder aller gesellschaftlicher Schichten und unterschiedlicher Weltanschauungen im Prinzip offen ist.“ Wichtig ist hier das „im Prinzip offen ist“. Wir haben früher sehr oft gesagt, wir seien wir alle offen. Das war meines Erachtens einer der größten Fehler. Wir haben seit einiger Zeit die „Früchte“ dieser Sätze: Rassisten, Sexisten, Homphobe, Verschwörungstheoretiker und andere Menschen mit mal mehr mal weniger kruden Ansichten. Wir sind ja für alle offen. Wir stellen fest: Wir sind es nicht! Wir haben inzwischen einen großen Konsens in der Partei, dass wir solche Menschen eben nicht wollen. Jetzt kämpfen wir darum, wie wir sie wieder loswerden, weil sie uns enorm schaden. Auch unserer Glaubwürdigkeit. Auch hier zeigt sich: Wir wollen eigentlich auch keine Volkspartei sein!

Auch haben Volksparteien das Ziel es allen Recht machen zu wollen. Sie wollen ja 40%+X (in manchen Bundesländern sogar 50%+X ;)). Es allen Recht machen zu wollen, sorgt dafür, dass man austauschbar wird. Und jetzt guckt mal nach Berlin. Was sehen wir dort? Eine Regierung ohne Plan und ohne Ziel mit einer Regierungschefin, die ihre Meinung stündlich ändert. Wollen wir das in 20 Jahren sein?

Deshalb die Bitte an alle Piraten: Hört auf zu sagen wir seien die einzig wahre oder neue oder überhaupt eine Volkspartei! Wir wollten es, wenn wir ehrlich sind, nicht sein!

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