Mit Entsetzen habe ich das Interview mit Herrn Räpple gelesen. Hier hat die Redaktion der Mittelbadischen Presse eine enorme Chance verpasst. Leider wird bei ausweichenden Fragen nicht nachgehakt. Die Frage, wogegen Räpple rebelliert umschifft er mit Allgemeinplätzen. Was aber sein politisches Ziel im Landtag ist, bleibt im Dunkeln.
Lediglich, dass er sich für bundesweite Volksentscheide einsetzen möchte wird klar. Aber: Er hat sich aber offenbar mit der Thematik kaum befasst. Man ist sich bisher nämlich sehr einig, dass ein einfaches Gesetz nicht reicht, sondern eine Verfassungsänderung nötig ist. Auch frage ich mich: Was macht Räpple im Landtag, wenn er doch Bundespolitik gestalten will? Kennt er sich in unserem politischen System nicht aus? Dafür spräche auch seine Äußerungen, dass CDU-Mitglieder Verfassungsrichter sind. Ja dürfen denn Richter keine Parteimitglieder sein? Weiß er nicht, wie Richter auch besetzt werden? Wenn er das System doof findet, dass der Bundestag und Bundesrat die Verfassungsrichter wählt, sollte er einen Gegenvorschlag liefern. Aber einen Guten. Denn: Ich der Vergangenheit sagte er ja, dass ihm das Grundgesetz „heilig“ ist.
Er spricht davon, dass auch andere Parteien dazwischen rufen. Das ist richtig. Der Zwischenruf ist ja durchaus auch ein parlamentarisches Stilmittel. Was er verschweigt: Auch seine Fraktion macht davon fleißig Gebrauch. Sein AfD-Kollege Anton Baron ist vermutlich sogar der „fleißigste“ Zwischenrufer im Landtag und hat zu allem eine Meinung. Auch ist es ein Unterschied, ob man einen Fraktionsvorsitzenden oder einfachen Abgeordneten unterbricht. Ein Fraktionsvorsitzender sollte Gegenwind weit mehr aushalten können. Außerdem: Wer Unwahrheiten und Grenzüberschreitungen in seinen Reden verbreitet, kann nicht erwarten, dass man still daneben sitzt. Auch ein Unterschied zu anderen Fraktionen.
Auch erklärt Räpple, dass er für einen harmlosen Zwischenruf von der Sitzung ausgeschlossen wurde. Die Redakteure haken hier nicht nach und überführen Räpple hier nicht der Lüge. Da frage ich mich: Hat man sich nicht vorbreitet und das Protokoll einmal nachgelesen? Denn: Räpple störte ununterbrochen die Rede und wurde mehrfach von Vizepräsident Wilfried Klenk (CDU) verwarnt. Andere Abgeordnete, die mäßigend auf ihn einwirken wollten (Tobias Wald, CDU; Erik Schweikert, FDP) wurden mit einem „Geh‘ doch heim!“ oder „Heul doch!“ bedacht. Als er dann von der Sitzungsleitung ausgeschlossen wurde, bezeichnete er den Landtagsvizepräsidenten als „Drecks-Klenk“. Für mich ist das qualitativ etwas anderes, als ein paar kritische Einwürfe zu platzieren.
Eine Ungleichbehandlung der AfD im Landtag kann ich ebenfalls nicht erkennen. Ich verfolge die Sitzungen des Landtages aufmerksam und ein Blick in die Protokolle zeigt, dass auch bei AfD-Rednern für Ruhe gesorgt wird. Die von der AfD mehrfach wegen ihrer türkischen Wurzeln beschimpfte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ist sogar deutlich großzügiger als der CDU-Vize Klenk. Die AfD will hier die Mär aufbauen, dass alle Parteien gleich sind und nur die AfD die Opposition – übrigens ein beliebtes rechtsextremes Narrativ, das die Redaktion offenbar nicht erkannte.
Immerhin machen Sie darauf aufmerksam, dass Herr Räpple kaum Aufgaben im Wahlkreis wahrnimmt. Es ist auch bezeichnend, dass Herr Räpple erst vor wenigen Monaten offenbar sein Büro in Stuttgart aufgebaut hat. Mitglieder anderer Fraktionen waren da deutlich schneller. Aber Herr Räpple musste ja kurz nach der Wahl erstmal Urlaub machen, während Mitglieder der „bösen Parteien“ CDU, FDP, Grüne und SPD ihre ersten Termine wahrnahmen und Büros einrichteten. Offenbar steht auch nach über ein Jahr nach der Landtagswahl noch immer kein Wahlkreisbüro. Da lohnt sich doch eine Nachfrage, was Herr Räpple denn das ganze Jahr über mit seiner Kostenpauschale gemacht hat, wenn er kein Wahlkreisbüro finanzierte?
Richtig erschrocken hat mich auch, dass er unwidersprochen hinausposaunen darf, dass die Arbeit in den Ausschüssen und so weiter nicht besonders intensiv sind. Ich kenne viele Landtagsabgeordnete und kann sagen, dass dieses Bild vielleicht im Umfeld von Herrn Räpple und der AfD so ist, dass die Abgeordneten nicht arbeiten und nur die Mitarbeiter fleißig sind, aber für alle anderen Fraktionen ist das einfach nicht der Fall!
Völlig blank lässt die Zeitung seine mehrfachen Bschimpfungen der anderen Parteien als „Volksverräter“, seine Position zu Antisemitismus und „Freundschaft“ zu Herrn Gedeon und was er konkret im Landtag denn tut, wenn er in keinem Ausschuss mitarbeitet. Seine Ankündigungen in der Presse, dass er eine Stiftung gründen und seine Diäten spenden will, wird auch nicht erwähnt. Wie ist denn da der Stand der Dinge? Auch das Leugnen des Klimawandels von ihm sowie die (angebliche?) Schlägerei in der AfD-Fraktion, die auch mit dafür sorgte, dass er kaltgestellt wurde, ist kein Thema.
Alles in allem ist das Interview enorm lückenhaft. Lieber hätte man ihm dann eine Doppelseite gewidmet. Beim Interview mit Herrn Schäuble hatte ich es sehr genossen, dass der Bundesfinanzminister großen Raum bekam einmal auch einen Gedanken zu Ende zu spinnen.